In der Jungle World Nr. 7 vom 16. Februar 2017: Artikel zu abtreibungsverweigernden Ärzten in Italien, derm Kult um das „ungeborene Leben„,die anti-choice-Maßnahmen der Trump-Regierung und zu der Hoffnung, die auch deutsche „Lebensschützer“ auf Trump setzen. Lesenswert!
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Women on waves: Abtreibungsschiff in Guatemala
Das Schiff, mit dem die niederländische NGO Women on Waves Abtreibungen in internationalen Gewässern durchführt, ist seit dem 22. Februar in Guatemala und wird zur Zeit vom Militär im Hafen festgehalten. Die NGO protestiert mit der Aktion gegen das sehr restriktive Abtreibungsgesetz. Updates gibt es hier.
Kommentar: Polen, Abtreibung und Pränataldiagnostik
Da über die massive Thematisierung von pränataler Diagnostik und selektiven Abbrüchen in der polnischen Debatte um die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes hierzulande relativ wenig geredet wird, verlinken wir einen Kommentar von Kirsten Achtelik in der taz:
Die Petition hatte diesen Erfolg nicht nur aus frauenfeindlichen Motiven: Sie enthielt die Forderung nach besserer Unterstützung von Frauen und Familien, die ein behindertes Kind großziehen und einer Einschränkung der pränatalen Diagnostik. Zur Mobilisierung wurde beispielsweise ein Video von einem Kind mit einer Behinderung benutzt, das nach seiner Abtreibung noch lebte. Unter dem Motto „Czarny Protest“ (Schwarzer Protest) mobilisieren Frauenrechtsgruppen und linke Parteien gegen das Gesetzesvorhaben. Ihr Ziel ist der Erhalt des jetzigen Gesetzes sowie die Möglichkeit, ohne Angabe von Gründen bis zur zwölften Woche abtreiben zu können. Über 200.000 Menschen haben die Petition unterschrieben, die vom Parlament jedoch abgelehnt wurde. Doch die Bewegung sollte nicht den Fehler machen, die Themen Behinderung, pränatale Diagnostik und selektive Schwangerschaftsabbrüche deshalb den Konservativen zu überlassen.
Polen: Verschärfung Abtreibungsrecht befürchtet
Ein guter Text vom Deutschlandfunk fasst die hochproblematische Situation in Polen zusammen:
„Die Situation ist tatsächlich sehr ernst. Es ist fast sicher, dass unser Abtreibungsgesetz verschärft wird, obwohl wir ohnehin eines der schärfsten Abtreibungsgesetze in Europa haben. Frauen werden der Gefahr ausgesetzt, ihr Leben zu verlieren, wenn es durch die Schwangerschaft bedroht ist. Das ist schwer vorstellbar, aber traurige Wirklichkeit.“
Die Abtreibungsgegner wollen alle drei Ausnahmefälle abschaffen, bei denen ein Schwangerschaftsabbruch heute noch möglich ist: nach einer Vergewaltigung, wenn das Kind schwer behindert sein wird oder wenn die Gesundheit der Mutter in Gefahr ist. Die Ärzte sollen der Mutter zwar medizinisch helfen, aber nicht vorsätzlich die Schwangerschaft abbrechen dürfen.
In ihrer Propaganda benutzen die AbtreibungsgegnerInnen auch behinderte Kinder:
Ein schockierendes Video vom März zeigt, dass das Kind, das schwer behindert zur Welt gekommen wäre, nach der Abtreibung noch lebte. „Das unschuldige Kleine weinte eine Stunde, bis es endlich starb“, schrieb ein katholischer Publizist.
Das ist, wenn es denn stimmt, ein Skandal, mit dem man aber ganz anders umgehemn könnte und müsste, als die Abtreibungsgesetze zu verschärfen.
Salzburg: Demo gegen AbtreibungsgegnerInnen
Unter dem Motto „Pro Choice is ois!“ gibt es am 24. Juli in Salzburg eine Demonstration (13:00 Uhr Hauptbahnhof) für reproduktive Freiheit und den freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und gegen den später stattfindenden „Marsch für das Leben“ der AbtreibungsgegnerInnen (deren Kreuzausgabe beginnet voraussichtlich 16:15 Uhr am Mozartplatz).
Hier findet ihr den Aufruf.
In diesem gibt es eine Passage zu Behinderung, wo den „Lebenschützern“ eine Instrumentalisierung des Themas vorgeworfen wird, um „Befürworter_innen eines freien Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen vorwerfen zu können, sie würden pauschal eugenische Positionen vertreten“. Das stimmt zum Teil, allerdings ist angesichts der Vehemenz, mit der radikale AbtreibungsgegnerInnen Abtreibungen nach pränataler Diagnostik thematisieren, der Vorwurf der Eugenik gegen Feminist*innen eher relativ selten.
So auf diese Strategie der „Lebensschützer“ zu reagieren, ist allerdings hauptsächlich Abwehr. Der Kritik an pränataler Diagnostik und selektiven Abtreibungen, die ja nicht nur von den „Lebenssschützern“ sondern eben auch von Feminist*innen mit und ohne Behinderung formuliert wurde und wird, stellt man sich damit nicht. Anders gesagt: Wenn die politischen GegnerInnen das Thema nur instrumentalisieren enthebt einen das nicht der notwendigkeit einer eigenen Analyse.