Aufruf 26.09.09: Abtreibungsverbot (§ 218) abschaffen / Gegen christlichen Fundamentalismus

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Ein Bündnis aus Frauengesundheitsgruppen und Einzelpersonen ruft ebenfalls zur Kundgebung auf: Hier die Erklärung des Bündnisses für Entscheidungsfreiheit.

Abtreibungsverbot (§218) abschaffen / Gegen christlichen Fundamentalismus
„Smash §218 // Gegen christlichen Fundamentalismus“
Am 26.09.2009, 12.30 Uhr, auf dem Platz vor dem Roten Rathaus
(Berlin, Neptunbrunnen)

Für den 26. September 2009 mobilisiert der Bundesverband Lebensrecht zu einem „Schweigemarsch“ mit dem Titel „1000 Kreuze für das Leben“. Wir rufen dazu auf, diesem laut und mit vielfältigen Aktionen entgegenzutreten.

Die beteiligten Gruppen dieses „Schweigemarsches“ bezeichnen sich selbst als Lebensschützerinnen und Lebensschützer. Dabei geht es ihnen auf der Grundlage eines christlich-fundamentalistischen Weltbildes um das Verbot und die Bestrafung von Abtreibungen. Sie sprechen allen Menschen und vor allem Frauen das Recht ab, über ihr Leben und ihre Körper selbst zu bestimmen. Sie lehnen jeden Schwangerschaftsabbruch als „vorgeburtliche Kindstötung“ ab. Statistisch unhaltbare Angaben über die Anzahl der Abtreibungen in der BRD sowie die von Abtreibungsgegner_innen erfundene Krankheit „Post-Abortion-Syndrome“ sollen Frauen moralisch unter Druck setzen und einschüchtern, sowie den Staat dazu bringen, die Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch weiter einzuschränken.

Im Gegensatz zu einer verbreiteten Meinung ist ein Schwangerschaftsabbruch in der BRD weiterhin eine Straftat, die nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht strafrechtlich verfolgt wird, z.B. nach einer Zwangsberatung plus 3 Tage-Wartefrist in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen oder bei einer Gefahr für die psychische und physische Gesundheit der Frau.
Um den §218 war es nach der letztmaligen Änderung des Strafgesetzbuches 1995 lange still. Die so genannte Spätabtreibungsdebatte seit Herbst 2008 führte Anfang dieses Jahres zu einer Verschärfung des Schwangerschaftkonfliktgesetzes. Abtreibung wurde wieder zum heftig diskutierten Thema. Obwohl die Gesetzesänderung die medizinische Indikation insgesamt betrifft, drehte sich die Debatte hauptsächlich um scheinbar „unverantwortliche Frauen“, die sich angeblich in einer „Panikreaktion“ gegen „behinderte Kinder“ entscheiden. Diesen Frauen müsse eine bessere Beratung zukommen. In der BRD wurde jedoch bereits mit der 1995er-Reform des § 218 die so genannte eugenische Indikation abgeschafft, d. h. eine Abtreibung wegen einer möglichen fötalen ‚Missbildung‘ ist nicht mehr erlaubt. Spätabtreibungen können allein dann erfolgen, wenn die psychische und physische Gesundheit der Frau gefährdet ist. Die jetzige Gesetzesänderung wurde maßgeblich von Abtreibungsgegner_innen gepusht, die dies als Einfallstor benutzen wollen, um die eigene Entscheidung zu einer Abtreibung und die Möglichkeiten dazu weiter einzuschränken.
Wir fordern hingegen weiterhin, dass jede Frau selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden kann. Wir wollen eine Gesellschaft, in der eine Abtreibung kein gesundheitliches, rechtliches oder ökonomisches Problem für Frauen darstellt und ohne Eingriff oder Belehrungen des Staates und der Angst vor dem moralischen Stigma zugänglich ist. Wir wollen aber auch eine Gesellschaft, in der keine Frau psychische Probleme bekommt, weil sie sich ‚verpflichtet‘ fühlt, abzutreiben, nachdem eine Pränataldiagnose die Möglichkeit der ‚Behinderung‘ des späteren Kindes ergeben hat.

Die selbsternannten Lebensschützer sind Teil des christlichen Fundamentalismus in der BRD. Wie alle religiösen Fundamentalismen arbeiten auch sie auf eine gesellschaftliche Dominanz ihrer Dogmen hin, etwa Familienzentriertheit, Heterosexualität, Schicksals- und Obrigkeitsergebenheit. In den USA beinhalten Aktionen von Abtreibungsgegner_innen u.a. Blockaden von Kliniken, aber auch gewalttätige Übergriffe sowohl gegen Ärzt_innen als auch gegen Frauen, die abtreiben wollen. Zuletzt wurde Dr. George Tiller, Betreiber einer Abtreibungsklinik, in der auch Spätabtreibungen durchgeführt wurden, im Mai dieses Jahres erschossen. Die Klinik musste daraufhin geschlossen werden. Auch in der BRD und Österreich werden Frauen, die Abtreibungskliniken aufsuchen, heute bereits durch „Gehsteigberatung“ eingeschüchtert und bedrängt, Ärzt_innen als „Massentöter“ diffamiert und Fachkonferenzen von Abtreibungsärzt_innen mit der Wannseekonferenz 1942 verglichen.

Weder christliche Moralvorstellungen noch staatliche Zugriffe dürfen über das Leben und die Körper von Menschen bestimmen. Deshalb rufen wir dazu auf, die Inszenierung der selbsternannten Lebensschützer_innen als „Schweige- und Trauermarsch“ (in dunkler Kleidung und mit weißen Kreuzen) zu stören (bunte Kleidung und emanzipatorische Sprüche).

A u f r u f e r _ i n n e n :
Antifaschistisches Bündnis Süd-Ost [ABSO], ak linker feminismus, A.N.A Autonome Neuköllner Antifa, Antifa Prenzlauer Berg (apb), Antifaschistische Schüler_innenvernetzung (asv), Antifa Hohenschönhausen, Antisexismusbündnis Berlin, Arbeitskreis Kritischer Jurist/innen (AKJ), Emanzipative Antifaschistische Gruppe (EAG-Berlin), f.a.q. antisexistischer Infoladen, feministische FrauenLesbenListe FU Berlin, Forschungsgruppe christlicher Fundamentalismus, Gruppe Antisexistische Praxis [GAP], Humanistischer Verband Deutschlands (HVD), LaD.I.Y.fest Berlin, LAK Shalom Berlin der Linksjugend [’solid], LISA2 Marburg, Pro Familia Berlin e.V., reflect, Schwarzer Kanal Berlin, Seminar für angewandte Unsicherheit [SAU], Vorbereitungsgruppe Antisexistische Praxen III – die Konferenz

Unterstützer:
Partei Die Linke.