Aufruf Pro Choice Sachsen: 1.6. Annaberg-Buchholz!

Der lange und erfrischend lesenswerte Aufruf von Pro Choice Sachsen ist jetzt online, zur Mobilisierung gegen den am 1. Juni in Annaberg-Buchholz. Hier ein kleiner Auszug:

Warum wir im Kapitalismus von „Selbstbestimmung“ und nicht von Selbstbestimmung sprechen

Wir reden viel von der Selbstbestimmung von Menschen, die schwanger werden können. Dabei müssen wir uns jedoch dessen bewusst sein, dass diese Selbstbestimmung stark eingeschränkt ist. Sicherlich hat in Deutschland fast jede Person mit deutschem Pass die Möglichkeit, in den genannten Grenzen selbst zu entscheiden ob sie ein Kind austragen will oder eben nicht. Das begrüßen wir. Doch steht diese Entscheidung in einem gesellschaftlichen Kontext und es wird von verschiedenen Seiten versucht, diesen Kontext zu beeinflussen.

Zum einen spielen hier ökonomische Rahmenbedingungen eine Rolle. So ist die Familienpolitik des Staates darauf ausgelegt, den Kinderwunsch in bestimmten Bevölkerungsschichten durch Begünstigungen wie Elterngeld und Elternzeitgesetze zu fördern. Ärmere Bevölkerungsschichten, wie Erwerbslose, Geflüchtete sowie Illegalisierte profitieren von diesen Begünstigungen jedoch nicht. Hinzu kommt, dass mit Schwangerschaft auch eine Angst um finanzielle Sicherheit verbunden sein kann. So bedeutet Schwangerschaft immer noch ein Risiko für die Arbeitsstelle. Vor allem für Alleinerziehende bedeutet es häufig, am Rande der Armut zu stehen. Somit ist oft nicht der individuelle Kinderwunsch ausschlaggebend, sondern damit verbundene soziale oder ökonomische Bedingungen.

Zum anderen gibt es eine rassistisch und nationalistisch aufgeladene Diskussion darüber, wer in Deutschland Kinder bekommen sollte. Rassist_innen wie Sarrazin, Politiker_innen aus der AfD und auch religiöse Fundamentalis_innen sehen die weiße, christliche Kleinfamilie mit mindestens zwei Kindern als Grundlage der Nation an. Diese wollen sie bewahren und unterstützen, andere Lebenskonzepte wie zum Beispiel homosexuelle Partnerschaften oder kinderlose Beziehungen werden abgewertet. Migrant_innen und Schwarze Deutsche werden dabei besonders diskriminiert, da sie nicht in das reaktionäre Weltbild passen, ihre Kinder gelten manchen gar als Bedrohung der „deutschen Identität“.

Somit ist die Entscheidung über die eigene Schwangerschaft also nicht frei und komplett selbstbestimmt. Sie wird beeinflusst von ökonomischem und sozialem Druck der Gesellschaft. Diese Aspekte zu vernachlässigen und die Entscheidungen für oder gegen Kinder als eine rein persönliche Entscheidung der Eltern zu betrachten bedeutet auch, die Unterdrückungsmechanismen als ein individuelles Problem der Eltern zu sehen. Dabei handelt es sich aber um gesellschaftlich strukturelle Probleme und diese gehören als solche bekämpft!

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